Im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Verwaltungsvorschrift AzubiWO äußert sich Landesjugendring Baden- Württemberg wie folgt:
Wir begrüßen zunächst die Zusammenfassung der bisher vorläufigen Fördergrundlagen in einer einheitlichen Vorschrift.
Der Landesjugendring Baden-Württemberg setzt sich für Jugendbeteiligung ein. Wirksame Jugendbeteiligung macht Demokratie erfahrbar. Das gelingt durch direktes Mitgestalten in allen Lebensbereichen und damit auch beim Jugendwohnen. Die Träger sind verantwortlich, dafür gute Strukturen und Rahmenbedingungen, z. B. Heimräte, zu schaffen. Eine entsprechende Regelung in der Verwaltungsvorschrift halten wir für dringend notwendig.
Anmerkungen zu Ziffer 3.4
Der Entwurf der Verwaltungsvorschrift schließt die Förderung von Wohnheimplätzen für Auszubildende im Blockunterricht aus, ohne dies explizit zu begründen. Die Begründung beruft sich auf eine dauerhafte Nutzung von mindestens sechs Monaten, die im Blockunterricht nicht erfüllt sei; § 4 Abs. 2a LWoFG schreibt jedoch keine solche Frist vor. Selbst bei Beibehaltung dieses Kriteriums erstreckt sich die Unterbringung über die gesamte Ausbildungsdauer, mit Verträgen für mehrere Jahre. Die Formulierung einer„tage- oder wochenweisen Unterbringung“ ignoriert den tatsächlichen Charakter dieser Ausbildungsform vollständig.
Der Ausschluss blockweiser Unterbringung betrifft die Gruppe mit dem höchsten Bedarf, da 88% der Gäste und 63% der Übernachtungen auf Auszubildende im Schulblock entfallen (vgl. Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Baden-Württemberg (Hrsg.): Jugendwohnen in Baden-Württemberg 2024, S. 5). Dieser Bedarf wird durch geplante Umstellungen auf Blockunterricht im Kultusministerium weiter steigen. Hier arbeiten zwei Ministerien einer Landesregierung in gegensätzliche Richtungen.
Für Träger dauerhafter Unterbringung ist zudem unvorhersehbar, ob dieser Bedarf anhält, da Ausrichtungen von Berufsschulen variieren können. Änderungen in Schulstandorten können zu plötzlichen Bedarfsverschiebungen führen, ohne dass Träger Einfluss nehmen können.
Der Landesjugendring Baden-Württemberg fordert daher die Aufhebung dieser starren Einschränkungen, um bedarfsorientiert blockweise Unterbringung zu fördern.
Anmerkungen zu Ziffer 3.5
Die Auflage, dass gemeinschaftlich nutzbare Räume ausschließlich geförderten Auszubildenden zur Verfügung stehen, ist in der Praxis nur bei Neubauten durchsetzbar. Bei Erweiterungen oder Teilmodernisierungen lassen sich neue Räume nicht restriktiv zuweisen, ohne Betretungsverbote für andere Bewohner zu erlassen. Solche Maßnahmen widersprechen der pädagogischen Praxis und dem Ziel, das Jugendwohnen für junge Azubis zu verbessern.
Diese Regelung ist ersatzlos zu streichen, um eine flexible Nutzung zu ermöglichen und die Intention sozialer Integration zu wahren.
Anmerkungen zu Ziffer 5.4.1
Die Vorgabe, dass neu gebaute oder modernisierte Unterkünfte nur an Auszubildende mit Wohnberechtigungsschein vergeben werden, widerspricht der Praxis und der Rechtsgrundlage des Jugendwohnens als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe (§ 13 Abs. 3 SGB VIII). Ein Schein ist hierfür nicht erforderlich, da Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Formen während beruflicher Bildung angeboten werden kann
Das Ausstellen eines Scheins dauert Monate und gilt nur ein Jahr, was zu Verzögerungen und mehrmaligen Anträgen führt. Fehlende Vorlage kann zu Kündigungen nach Ausbildungsbeginn zwingen. Zudem sind viele Auszubildende zu Beginn minderjährig, sodass Verträge mit Eltern abgeschlossen werden, was die Scheinvergabe kompliziert.
Die Logik des sozialen Wohnungsbaus passt folglich nicht zum Jugendwohnen. Die Förderung muss auf die Spezifika des Jugendwohnens abgestimmt werden. Es geht um junges Wohnen für bedürftige Auszubildende. Dabei gilt es, bürokratische Hürden - siehe Wohnberechtigungsschein - zu vermeiden.
Anmerkungen zu Ziffer 5.4.2
Die soziale Mietbindung ist mit dem Jugendwohnen unvereinbar, da keine Mietverträge, sondern Belegungsvereinbarungen nach § 78a Abs. 1 Nr. 1 und § 78c SGB VIII abgeschlossen werden. Diese umfassen ein Leistungsbündel mit Verpflegung und Reinigung usw. Auch ein Investitionskostenanteil ist möglich und wird aber in einem einheitlichen Kostensatz ausgewiesen.
Die Berechnung von Gemeinschaftsflächen (z. B. Mensa, Küchen, Lernräume) erschwert den Vergleich mit ortsüblichen Mieten, da Mietspiegel solche Flächen nicht erfassen.
Die Kaltmiete eines Wohnheimplatzes schließlich zu separieren, ist schwer möglich und erzeugt bürokratische Komplexität, wo eigentlich am Bedarf junger Menschen orientiert gehandelt werden muss.
Wir bedanken uns für die Möglichkeit, im Rahmen dieser Anhörung durch unsere Stellungnahme zu einer sachdienlichen Regelung beitragen zu können. Bei Rückfragen steht sie für Auskünfte zur Verfügung.
Mit herzlichen Grüßen
Jürgen „Buddy“ Dorn
Geschäftsführer