Kinder- und Jugendhilfe ist gesellschaftsrelevant –
und muss es auch in der Zukunft bleiben!
Stellungnahme des Landesjugendkuratoriums vom 13.10.2020
Die Kinder- und Jugendarbeit, die Jugendsozialarbeit und die familienunterstützenden Hilfen in unserem Land sind wichtige Säulen in den Entwicklungsphasen von Kindern und Jugendlichen. Mit ihren Räumen, Gruppen und Angeboten, tragen diese Einrichtungen zur Teilhabe junger Menschen an der Gesellschaft einen besonderen Beitrag bei. In der LockDown – Phase und der Zeit der ersten Lockerungen bis zu den Sommerferien wurde die Priorität des Schutzes sehr stark auf die vulnerablen Gruppen in der Pflege, der Behindertenhilfe und auf ältere Menschen konzentriert. Dies war erforderlich und richtig!
Die verfügten Einschränkungen der Grundrechte waren für alle Kinder und Jugendlichen und ihre Familien nie dagewesene, einschneidende Erfahrungen, die teils große Verunsicherung und Zukunftsängste hervorgerufen haben. Durch die Eigenheiten der Pandemie zielten die Einschränkungen ganz besonders auf die altersspezifischen Bedarfe von jungen Menschen, die sich ihren Platz und ihre Rolle in der Gesellschaft suchen müssen. Alle Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe, Kinder- und Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und familienunterstützende Hilfen haben sich dieser Verunsicherung auch in der Phase des Lockdowns kreativ und mit hohem Einsatz angenommen.
Kinder sind mehr als ein Betreuungsproblem, Jugendliche sind mehr als Prüflinge!
Die Pandemie hat nochmal in besonderer Weise deutlich gemacht: Kinder und Jugendliche müssen als eigenständige Bevölkerungsgruppe wahr- und ernstgenommen werden. Sie sind mehr als ein Betreuungsproblem und sie sind mehr als Prüflinge. Junge Menschen benötigen neben den Angeboten der schulischen Bildung, vor allem informelle und non-formale, regelmäßige Angebote im Freizeitbereich der Kinder- und Jugendarbeit sowie die Angebote der Jugendsozialarbeit, die vor allem jungen Menschen, denen Benachteiligung droht, oder in chancenarmen Verhältnissen leben müssen, zur Verfügung stehen.
Die Kinder- und Jugendarbeit, die Jugendsozialarbeit und die familienunterstützenden Hilfen sind unverzichtbare Angebote, die (auch) zukünftig für alle Kinder und Jugendlichen und ihre Familien zugänglich und verfügbar sein müssen. Dafür müssen die Entscheidungsträger beim Land und bei den Kommunen gemeinsam mit den Fachkräften sorgen.
Die Demokratiebildung in einer Gesellschaft mit zunehmenden populistischen Strömungen und Einflüssen ist eine wichtige und notwendige Aufgabe aller. Wie zerbrechlich demokratische Prozesse in unserer Gesellschaft sind, hat das Erstarken von Verschwörungsideologien und deren Verbreitung auch bei jungen Menschen ins Blickfeld gerückt.
Die politischen Reaktionen auf wissenschaftliche Erkenntnisse, mit der Folge von einschneidenden Maßnahmen in den Alltag von Kindern, Jugendlichen und deren Familien, bedürfen einer gesellschaftlichen Debatte, auch und gerade mit Kindern und Jugendlichen. Insbesondere Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit tragen im Wesentlichen zur Demokratiefähigkeit der Kinder und Jugendlichen bei. In den Gruppen und Einrichtungen werden die in der Adoleszenzphase notwendigen Erfahrungen gemacht und durch die Gruppenkontexte und individuelle Rahmungen begleitet.
Die Bedürfnisse junger Menschen und ihrer Familien, wie soziale Kontakte, Teilhabechancen und Bildung, sind unabhängig von Schule und Ausbildung ernst zu nehmen. Die Auswirkungen auf junge Menschen müssen besonders in den Blick genommen werden und junge Menschen an den sie betreffenden Themen beteiligt werden, um ihnen damit Zugang zu ihren Rechten und zu Teilhabechancen zu ermöglichen.
Es darf aufgrund der hohen Neuverschuldung im Land, in den Landkreisen und in den Kommunen nicht zu einer Reduzierung der Angebote kommen. Bei notwendigen pandemiebedingten Einschränkungen muss eine bestmögliche Aufrechterhaltung aller Angebote der Kinder- und Jugendhilfe eine sehr hohe Priorität haben. Die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und der familienunterstützenden Hilfen sind system- und insbesondere gesellschaftsrelevant, tragen einen entscheidenden Anteil zu positiven Lebensbedingungen und einer Demokratiefähigkeit von jungen Menschen, sowie zur Teilhabe an der Gesellschaft bei!